8. Nov. 2017, 14:03 Uhr
medienmitteilung, soziales
Sozialhilfe: Mehr Zeit für Beratung zahlt sich aus
Weniger Fälle pro Sozialarbeiterin und Sozialarbeiter gleich tiefere Sozialhilfekosten: Diese Bilanz zieht die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) in einer von der Stadt Winterthur in Auftrag gegebenen Studie. Wird die Anzahl der zu betreuenden Fälle von über 140 auf 75 gesenkt, sinken die Nettokosten pro Fall und Jahr um rund 1450 Franken. Insgesamt können so 1,5 Millionen Franken pro Jahr eingespart werden. Der Stadtrat hält die Ergebnisse der Studie für plausibel. Er wird im Parlament die nötigen Stellen beantragen, um die Zielgrösse von 75 Fällen pro Vollzeitstelle zu erreichen.
Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in der Stadt Winterthur haben eine sehr hohe Falllast zu bewältigen. Aktuell werden pro 100-Prozent-Stelle über 145 Sozialhilfefälle geführt, was im schweizweiten Vergleich ausserordentlich hoch ist. Gleichzeitig steigen die Sozialkosten stetig an. Ein Expertenbericht des Büro BASS zu Steuerungsmöglichkeiten der Sozialhilfekosten hielt deshalb Anfang 2016 fest, dass in Winterthur die personellen Ressourcen für eine angemessene und effektive Fallbetreuung fehlen.
Um herauszufinden, ob eine tiefere Falllast Einfluss auf die Kostenentwicklung in der Sozialhilfe hat, wurde das Departement Soziale Arbeit der ZHAW bereits 2015 beauftragt, eine Studie durchzuführen. In einem Experiment liessen die Forschenden drei zufällig ausgewählte Sozialarbeitende in der Langzeitbetreuung für 18 Monate jeweils nur 75 Fälle bearbeiten, während die übrigen Sozialarbeiterinnen und -arbeiter weiterhin mit der üblichen Falllast von 145 Fällen pro Vollzeitstelle arbeiteten.
Schnellere Ablösung dank intensiverer Betreuung Die Ergebnisse des Versuchs liegen nun vor. Es zeigt sich: Wenn die Falllast pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter gesenkt wird, reduzieren sich auch die Kosten, die ein Fall verursacht; und zwar um rund 1450 Franken pro Fall und Jahr. Ausserdem können Personen schneller aus der Sozialhilfe abgelöst werden. Die Ursache für die Kostensenkung und die raschere Ablösung sehen die Autorinnen und Autoren der Studie darin, dass die Sozialarbeitenden die zusätzlichen zeitlichen Ressourcen gezielt eingesetzt haben. Die Sozialarbeitenden mit geringerer Falllast führten deutlich häufiger Gespräche mit ihren Klientinnen und Klienten. So konnten diese intensiver betreut und individuelle Lösungsmöglichkeiten gesucht werden. Hindernisse wurden schneller identifiziert und zum Beispiel mit gezielten Arbeitsintegrationsmassnahmen angegangen.
In der Analyse wurde festgestellt, dass der grösste Teil der Einsparungen aus höheren Lohneinnahmen resultiert, welche die Sozialhilfebeziehenden selbst erzielten. Ausserdem konnten höhere Mehreinnahmen (z. B. durch Unterhaltsbeiträge, Rückerstattungen und Stipendien) generiert werden. Des Weiteren konnten sich die Sozialarbeiter/innen gezielter um Personen kümmern, die schon länger Sozialhilfe beziehen und Verbesserungen ihrer Situation herbeiführen.
Empfehlungen der ZHAW Der Bericht der ZHAW empfiehlt, eine Falllast von 75 Fällen pro Vollzeitstelle in der Langzeitberatung für alle Sozialarbeitenden einzuführen. Dazu müssten mehr Sozialarbeitende eingestellt werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Kosten trotz höherer Personalausgaben sinken werden.
Einschätzung des Stadtrats Um in der Langzeitberatung eine Falllast von 75 Fällen pro Vollzeitstelle zu erreichen, müssten 17,5 Sozialarbeiter/innen-Stellen zusätzlich geschaffen werden. Die Berechnungen der Stadt Winterthur zeigen, dass sich trotz dieser zusätzlichen Personalausgaben Einsparungen von rund netto 1,5 Millionen Franken jährlich erzielen lassen.
Der Stadtrat hält die Ergebnisse der ZHAW für plausibel. Er hat deshalb entschieden, die Empfehlung der Studie umzusetzen und die dafür notwendigen Stellen gestaffelt auf die nächsten zwei Jahre zu beantragen. Mit dem Novemberbrief wird dem Parlament die erste Tranche (11 Stellen) per 2018 vorgelegt, die zweite (6,5 Stellen) ist auf 2019 vorgesehen.
Die Versuchsanordnung / das Experiment Das Forschungsteam der ZHAW untersuchte, welche Auswirkungen die Falllast auf die Ablösequote und Ausgaben hat.
Dazu führten die Forschenden ein Experiment durch, in dem drei zufällig ausgewählte Sozialarbeitende während 18 Monaten mit maximal 75 Fällen statt der üblichen 145 Fällen arbeiteten. Im Vergleich zeigte sich so der Effekt der Falllast.
Der Versuch wurde durch eine qualitative und quantitative Begleitforschung wissenschaftlich ausgewertet. So wurden u. a. Interviews durchgeführt und die Entwicklung der finanziellen Leistungen statistisch ausgewertet.
Bericht der ZHAW und Zusammenfassung (unter «Berichte und Studien»)
Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in der Stadt Winterthur haben eine sehr hohe Falllast zu bewältigen. Aktuell werden pro 100-Prozent-Stelle über 145 Sozialhilfefälle geführt, was im schweizweiten Vergleich ausserordentlich hoch ist. Gleichzeitig steigen die Sozialkosten stetig an. Ein Expertenbericht des Büro BASS zu Steuerungsmöglichkeiten der Sozialhilfekosten hielt deshalb Anfang 2016 fest, dass in Winterthur die personellen Ressourcen für eine angemessene und effektive Fallbetreuung fehlen.
Um herauszufinden, ob eine tiefere Falllast Einfluss auf die Kostenentwicklung in der Sozialhilfe hat, wurde das Departement Soziale Arbeit der ZHAW bereits 2015 beauftragt, eine Studie durchzuführen. In einem Experiment liessen die Forschenden drei zufällig ausgewählte Sozialarbeitende in der Langzeitbetreuung für 18 Monate jeweils nur 75 Fälle bearbeiten, während die übrigen Sozialarbeiterinnen und -arbeiter weiterhin mit der üblichen Falllast von 145 Fällen pro Vollzeitstelle arbeiteten.
Schnellere Ablösung dank intensiverer Betreuung Die Ergebnisse des Versuchs liegen nun vor. Es zeigt sich: Wenn die Falllast pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter gesenkt wird, reduzieren sich auch die Kosten, die ein Fall verursacht; und zwar um rund 1450 Franken pro Fall und Jahr. Ausserdem können Personen schneller aus der Sozialhilfe abgelöst werden. Die Ursache für die Kostensenkung und die raschere Ablösung sehen die Autorinnen und Autoren der Studie darin, dass die Sozialarbeitenden die zusätzlichen zeitlichen Ressourcen gezielt eingesetzt haben. Die Sozialarbeitenden mit geringerer Falllast führten deutlich häufiger Gespräche mit ihren Klientinnen und Klienten. So konnten diese intensiver betreut und individuelle Lösungsmöglichkeiten gesucht werden. Hindernisse wurden schneller identifiziert und zum Beispiel mit gezielten Arbeitsintegrationsmassnahmen angegangen.
In der Analyse wurde festgestellt, dass der grösste Teil der Einsparungen aus höheren Lohneinnahmen resultiert, welche die Sozialhilfebeziehenden selbst erzielten. Ausserdem konnten höhere Mehreinnahmen (z. B. durch Unterhaltsbeiträge, Rückerstattungen und Stipendien) generiert werden. Des Weiteren konnten sich die Sozialarbeiter/innen gezielter um Personen kümmern, die schon länger Sozialhilfe beziehen und Verbesserungen ihrer Situation herbeiführen.
Empfehlungen der ZHAW Der Bericht der ZHAW empfiehlt, eine Falllast von 75 Fällen pro Vollzeitstelle in der Langzeitberatung für alle Sozialarbeitenden einzuführen. Dazu müssten mehr Sozialarbeitende eingestellt werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Kosten trotz höherer Personalausgaben sinken werden.
Einschätzung des Stadtrats Um in der Langzeitberatung eine Falllast von 75 Fällen pro Vollzeitstelle zu erreichen, müssten 17,5 Sozialarbeiter/innen-Stellen zusätzlich geschaffen werden. Die Berechnungen der Stadt Winterthur zeigen, dass sich trotz dieser zusätzlichen Personalausgaben Einsparungen von rund netto 1,5 Millionen Franken jährlich erzielen lassen.
Der Stadtrat hält die Ergebnisse der ZHAW für plausibel. Er hat deshalb entschieden, die Empfehlung der Studie umzusetzen und die dafür notwendigen Stellen gestaffelt auf die nächsten zwei Jahre zu beantragen. Mit dem Novemberbrief wird dem Parlament die erste Tranche (11 Stellen) per 2018 vorgelegt, die zweite (6,5 Stellen) ist auf 2019 vorgesehen.
Die Versuchsanordnung / das Experiment Das Forschungsteam der ZHAW untersuchte, welche Auswirkungen die Falllast auf die Ablösequote und Ausgaben hat.
Dazu führten die Forschenden ein Experiment durch, in dem drei zufällig ausgewählte Sozialarbeitende während 18 Monaten mit maximal 75 Fällen statt der üblichen 145 Fällen arbeiteten. Im Vergleich zeigte sich so der Effekt der Falllast.
Der Versuch wurde durch eine qualitative und quantitative Begleitforschung wissenschaftlich ausgewertet. So wurden u. a. Interviews durchgeführt und die Entwicklung der finanziellen Leistungen statistisch ausgewertet.
Bericht der ZHAW und Zusammenfassung (unter «Berichte und Studien»)