16. Okt. 2015, 08:33 Uhr
Sozialhilfe: Zahlt jetzt die IV für Schmerzpatienten?
Seit mehr als zehn Jahren hatten Menschen mit unklaren chronischen Schmerzsymptomen und anderen ...
Seit mehr als zehn Jahren hatten Menschen mit unklaren chronischen Schmerzsymptomen und anderen schwer nachweisbaren Erkrankungen kaum mehr Chancen, eine IV-Rente zu erhalten – obwohl sie nicht mehr arbeiten konnten. Nun hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung dazu korrigiert. Die Sozialen Dienste der Stadt Winterthur werden deshalb alle Dossiers von Personen mit entsprechenden Erkrankungen, die Sozialhilfe beziehen, analysieren und die Betroffenen bei der Anmeldung bei der Invalidenversicherung unterstützen.
Aufgabe der Invalidenversicherung ist es, gesundheitliche Risiken abzudecken, die zu einer Erwerbsunfähigkeit führen. Bei Personen mit sogenannten «unklaren Beschwerdebildern» wie Schmerzstörungen, Fibromyalgien oder Schleudertraumata verneinte das Bundesgericht seit 2004 den Anspruch auf eine Invalidenrente, weil solche psychosomatischen Leiden mit einer zumutbaren Willensanstrengung überwindbar seien. Die Folge war, dass viele Patientinnen und Patienten Sozialhilfe beziehen mussten. Im Juni 2015 hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung geändert. Neu muss die IV das Leistungsvermögen der betroffenen Personen und die Auswirkung des Leidens auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit in jedem Einzelfall beurteilen.
Individuelle Abklärung
Die Sozialen Dienste der Stadt Winterthur nehmen diese – längst fällige – Praxisänderung des Bundesgerichts zum Anlass, die Dossiers von möglichen Betroffenen zu analysieren. Gemäss einer ersten Schätzung dürfte es sich um rund 150 teils langjährige Sozialhilfefälle handeln, deren Anspruch auf eine IV-Rente abzuklären ist. Auf sozialversicherungsrechtliche Fragen spezialisierte Mitarbeitende überprüfen unter Einbezug der Betroffenen die Dossiers und sind für die Anmeldung bei der IV besorgt. Sie begleiten auch den Abklärungsprozess der IV und ergreifen im Bedarfsfall Rechtsmittel. Ziel ist, Ansprüche auf IV-Leistungen durchzusetzen und diese Personen aus der Sozialhilfe abzulösen. Denn die Sozialhilfe ist kein IV-Ersatz, sondern das letzte Netz, das nur dann zum Tragen kommt, wenn Sozialversicherungen oder die eigenen finanziellen Mittel für den Lebensunterhalt nicht reichen.
Vorteile für die Stadt und für die Klienten
Mit dem anerkannten Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung wegen gesundheitlichen Einschränkungen verbessert sich die finanzielle und persönliche Situation der Betroffenen wesentlich. Die Stadt Winterthur wird mit jeder gelungenen Ablösung eines Langzeitfalles jährlich wiederkehrend um rund 20 000 Franken entlastet. Aufgrund der noch fehlenden Erfahrung mit der neuen Rechtsprechung ist noch unklar, wie viele Fälle abgelöst werden können. Die Sozialen Dienste rechnen mit teilweise langen Verfahrensdauern.
Aufgabe der Invalidenversicherung ist es, gesundheitliche Risiken abzudecken, die zu einer Erwerbsunfähigkeit führen. Bei Personen mit sogenannten «unklaren Beschwerdebildern» wie Schmerzstörungen, Fibromyalgien oder Schleudertraumata verneinte das Bundesgericht seit 2004 den Anspruch auf eine Invalidenrente, weil solche psychosomatischen Leiden mit einer zumutbaren Willensanstrengung überwindbar seien. Die Folge war, dass viele Patientinnen und Patienten Sozialhilfe beziehen mussten. Im Juni 2015 hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung geändert. Neu muss die IV das Leistungsvermögen der betroffenen Personen und die Auswirkung des Leidens auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit in jedem Einzelfall beurteilen.
Individuelle Abklärung
Die Sozialen Dienste der Stadt Winterthur nehmen diese – längst fällige – Praxisänderung des Bundesgerichts zum Anlass, die Dossiers von möglichen Betroffenen zu analysieren. Gemäss einer ersten Schätzung dürfte es sich um rund 150 teils langjährige Sozialhilfefälle handeln, deren Anspruch auf eine IV-Rente abzuklären ist. Auf sozialversicherungsrechtliche Fragen spezialisierte Mitarbeitende überprüfen unter Einbezug der Betroffenen die Dossiers und sind für die Anmeldung bei der IV besorgt. Sie begleiten auch den Abklärungsprozess der IV und ergreifen im Bedarfsfall Rechtsmittel. Ziel ist, Ansprüche auf IV-Leistungen durchzusetzen und diese Personen aus der Sozialhilfe abzulösen. Denn die Sozialhilfe ist kein IV-Ersatz, sondern das letzte Netz, das nur dann zum Tragen kommt, wenn Sozialversicherungen oder die eigenen finanziellen Mittel für den Lebensunterhalt nicht reichen.
Vorteile für die Stadt und für die Klienten
Mit dem anerkannten Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung wegen gesundheitlichen Einschränkungen verbessert sich die finanzielle und persönliche Situation der Betroffenen wesentlich. Die Stadt Winterthur wird mit jeder gelungenen Ablösung eines Langzeitfalles jährlich wiederkehrend um rund 20 000 Franken entlastet. Aufgrund der noch fehlenden Erfahrung mit der neuen Rechtsprechung ist noch unklar, wie viele Fälle abgelöst werden können. Die Sozialen Dienste rechnen mit teilweise langen Verfahrensdauern.